Hörst du mir überhaupt zu? Du verstehst mich nicht…
Am 3.3 war der Welttag des Hörens. Für mich ein guter Zeitpunkt Hören, Hinhören, Zuhören oder sogar Erhören genauer unter die Lupe zu nehmen.
Wer redet sät, wer zuhört erntet.
Sprichwort aus Argentinien
In vielen Diskussionen, Gesprächen und auch Streits sind wir oft vorwiegend damit beschäftigt, uns unsere Argumente zu überlegen und zurechtzulegen. Genau in den Momenten spricht aber der Andere, unser Gegenüber mit uns. Wie können wir da zuhören, wenn wir schon an unserer Antwort feilen? Daraus ergibt sich, dass es wahrlich eine „allerhöchste Kunst ist, gut zuzuhören und treffend zu antworten“ (dieser Satz wird Francois de la Rochefoucauld, französischer Adeliger und Literat des 17. Jahrhunderts zugeschrieben).
In einem spannenden Artikel habe ich gelesen, dass wir oft nur miteinander reden aber nicht aufeinander hören. Deshalb wollte ich mir das einmal genauer anschauen: Wo sind denn die Unterschiede beim Hören, Zuhören oder Erhören?
Hören
Hören ohne Zuhören bedeutet, dass ich weiterhin vor allem mit mir selbst beschäftigt bin und nur darauf warte, endlich selbst sprechen zu können. Gefühlsmäßig bin ich irgendwo. Der Wiener hat dafür einen schönen Ausdruck „Sprichs in ein Sackerl – ich hörs mir morgen an“.
Zuhören
Wenn ich zuhöre, heißt das noch lange nicht, dass ich tatsächlich entdecken will, was der / die andere wirklich meint. Ich kann immer noch emotional distanziert sein. Ich höre zwar zu, schwinge aber nur wenig mit dem anderen mit.
Erhören und aktives Zuhören
Hier versuche ich mich in meinen Partner, meine Partnerin hineinzuversetzen. Ich bin voll und ganz bei ihr, bei ihm. Ich erkenne auch, was zwischen den Zeilen gesagt wird, da ich auch auf Mimik und Körpersprache achten kann.
Was für mich „Erhören“ bedeutet, wird im Allgemeinen als aktives Zuhören bezeichnet. Genauso ist es natürlich auch wichtig, leicht verständlich zu sprechen. So stehen die Chancen recht gut, dass die Kommunikation im Fluss bleibt.
Eckpfeiler für eine gelingende Kommunikation:
- Die Meinung des anderen zu respektieren – heißt nicht, dass wir sie akzeptieren müssen.
- Wertschätzung und Humor
- Mein Gegenüber ernst nehmen – kein Spötteln, kein Kleinmachen, kein Sarkasmus oder Zynismus
- Zeit nehmen – Stress verhindert gutes Zuhören
- Nachfragen, wenn etwas nicht verstanden wird, gehört dazu.
- Besserwisser oder „Oberlehrer“ machen gute Gespräche sehr schwierig.
- Keine Bewertungen des Gehörten
- Wenn wir wirklich zuhören, erhören, schwingt unser ganzer Körper mit: Kopfnicken, zugewandte Körperhaltung, offene Augen, ev. auch Körperkontakt.
- Ich kann das Gehörte auch wiederholen – das wird in vielen Paartherapien und Beratungen empfohlen – um sicher zu stellen, dass ich wirklich alles richtig verstanden habe.
- Gefühle dürfen raus – wenn möglich in Ich -Botschaften: „Ich fühle mich gerade sehr traurig“ – kein „aber du bist schuld, dass ich so traurig bin“.
- Fragen stellen: Ich versuche durch Fragen den geliebten Menschen, der mir gerade gegenübersitzt, noch besser zu verstehen. „Wie hast du das erlebt? Wieso hast du so reagiert?“ Aus meiner Erfahrung helfen Fragen immer weiter, wenn wir tatsächlich an den Antworten interessiert sind.
Zu guter Letzt noch eine kleine Geschichte: „Eine etwas gestresste Mutter schreibt gerade ein wichtiges Email. Ihre vierjährige Tochter kommt zu ihr und sagt: „Mami, Mami ich muss dir was erzählen, gerade hat sich…..“ Die Mutter hebt kurz den Kopf und meint: „Ja erzähle es mir!“ Das Töchterchen fängt begeistert von ihrem Erlebnis in der Sandkiste zu sprechen, und wie ein kleiner Vogel neben ihr sitzend ein Lied gesunden hat. Die Mutter nickt, sagt Aha toll, mmh. Während das Mädchen redet, schreibt die Mutter jedoch weiter an ihrem Email. Nach einer Weile spürt das Kind, das die Mutter gar nicht bei ihr ist und zieht nach draußen ab. Traurig und frustriert, der Vogel hatte doch so schön gesungen. Irgendwann merkt auch die Mutter, dass ihre Tochter wieder weg ist und versinkt trotzdem weiter in ihrer Arbeit.“
Was ist hier alles verloren gegangen? Der Mutter ist es nicht gelungen, zu hören, zu zuhören geschweige denn zu erhören. Sie hat Interesse vorgetäuscht. Dadurch entsteht beim Kind der Eindruck, dass es für seine Mutter keine große Wichtigkeit zu haben scheint. Wenn dies einmal geschieht, ist es sicherlich kein Drama. Wenn es selten bis nie erhört wird, wendet sich das Kind innerlich ab und erzählt immer weniger. Die Eltern haben dann oft keine Ahnung, was in ihren Kindern vorgeht. Gerade in der Pubertät ein schwieriges Element.
Wenn wir es schaffen voll und ganz zu zuhören, ja sogar zu erhören, dann nehmen wir am Leben des anderen, der anderen teil. Ich zeige echtes Interesse und ich nehme mir Zeit für meine Beziehungen.
In Zeiten wie diesen – was gibt es Wichtigeres als wertschätzende, liebevolle Beziehungen und Partnerschaften?
Du brauchst Unterstützung in Sachen Kommunikation, Fragen stellen, Zuhören und Erhören? Melde dich gerne jederzeit – ich begleite dich / euch sehr gerne, denn es gibt nichts Besseres als gute, liebevolle, Kommunikationsreiche Beziehungen.
Alles Liebe
Siehe auch: http://www.rhetorik.ch/Hoeren/Hoeren.html von Hildegard Knill
Fotocredits: freepik @wayhomestudio
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