Beziehungsprobleme
Schweigen, Verachtung, Verteidigung und Kritik in Beziehungen sind hochdosierte Gifte
Seit vielen Jahren beschäftigen mich Beziehungen – vor allem zwischen Mann und Frau. Was mir immer wieder aufgefallen ist, dass Frauen gerne über Dinge, die sie beschäftigen, reden möchten. Bei Männern habe ich unterschiedliche Eindrücke gewonnen. Manche ziehen sich zurück und machen „es“ mit sich selbst aus, manche lassen sich auf Gespräche und Diskussionen ein. Doch viele Frauen beklagen, dass Männer sich gerne aus schwierigen Situationen „herausziehen“ und ausweichen.
Ist es tatsächlich so, dass Männer bei Konflikten eher schweigen? Oder reden Mann und Frau aneinander vorbei?
Bei meinen Recherchen und in Gesprächen mit Männern habe ich erfahren, dass sich Männer gerne zurückziehen, sie gehen auf den Berg oder fahren mit dem Rad, und machen die Dinge mit sich selbst aus. Sie reden weder davor und noch danach mit ihrer Partnerin. Vorweg – natürlich gibt es Ausnahmen – doch auf meine Frage, wie Männer ihre Probleme in der Beziehung angehen, kamen diese Antworten:
Was machst du, wenn du in der Beziehung, deiner Ehe Probleme hast? Redest du mit jemanden? Antwort: Ich gehe auf den Berg bis ich völlig verschwitzt bin, da finde ich schon eine Lösung. Ich rede maximal mit meinem besten Freund, aber eher nicht über private Sachen. Auf meine Frage, ob sie nach dem Bergabenteuer mit ihrer Partnerin reden, kam in fast allen Fällen, nein, das wird sich schon wieder beruhigen.
Das, was ich in all dieser Zeit stark beobachte, ist, dass die meisten Frauen verstehen möchten und ganz viel fragen und reden. Das ist dann dem Großteil der Männer zu viel, sie ziehen sich zurück und schweigen. Das macht dann die Frauen ganz „narrisch“, sie reden noch mehr und werden lauter. Das ist für Männer sehr anstrengend – sie werden aggressiv, untergriffig und verletzend und verlassen den Raum. Und dann eskaliert die Situation.
Mit Schweigen können die wenigsten Menschen umgehen. Sie können schon mit einem Nein, bitte jetzt gerade nicht, aber gerne später umgehen. Aber nicht mit Hinhalten und Mauern. Das ist auch irgendwie keine Entscheidung treffen können. Oder?
Als ich kürzlich einem Bekannten von meinen Beobachtungen erzählt habe, meinte er, dass das ein typisches Männerproblem sei. Nicht darüber reden und wenn doch, wird es dann eher unschön. Sich nicht zurückzuziehen und zu glauben mit Schweigen wird es besser oder das vorhandene Problem wird kleiner oder damit gelöst. Er sagte: „Das ist definitiv dann ein sich vor einer Entscheidung drücken.“
Doch ist es wirklich ein reines Männerproblem?
Die vier apokalpytischen Reiter für jede Beziehung
John Gottmann, amerikanischer Therapeut, hat eine These entwickelt, die besagt, wenn die so genannten vier „apokalyptischen“ Reiter auftauchen, werde es sehr schwierig eine Beziehung aufrecht zu erhalten. Diese vier Reiter, die symbolisch Kommunikation und Beziehungen vergiften können, sind hier kurz erklärt.
Der erste Reiter: Vorwürfe / (destruktive) Kritik
Der erste, kriegerische Reiter steht als Symbol für (verallgemeinernde, auf die Person gerichtete, destruktive) Kritik: Vorwürfe, Schuldzuweisungen und Anklagen lassen Konflikte entstehen bzw. eskalieren – aggressive Kommunikation macht sich breit. Die Kritik ist meist verbunden mit Du-Botschaften.
Kann man ihn zähmen bzw. transformieren in einen friedvollen Krieger, so hat das positiven Einfluss auf den Rest. Er hat gelernt zu kämpfen, macht das aber defensiv, um Angriffe abwehren und sich abgrenzen zu können (Grenzen verteidigen). Im Kommunikations-Alltag hat er gelernt, statt Kritik annehmbares, aggressions-freies Feedback zu geben.
Der zweite Reiter: Verachtung
Dieser Reiter steht als Symbol für Verachtung, Abwertung und Geringschätzung des Partners – vergiftete, verpestete Kommunikation ist das Resultat. Verachtung wirkt am stärksten negativ und verletzt viele Grundprinzipien gelingender Kommunikation und gelingender Beziehungen. Verachtung lässt den anderen sein Gesicht verlieren. Mit seinem Verhalten tötet er die Beziehungen. Verachtung ist vermutlich das stärkste Gift für Beziehungen und entspricht einem sehr negativen Menschenbild.
Der Gegenpol ist das positive Menschenbild des Namaste im indischen Gruß: „Ich grüße das Göttliche in Dir“, auch wenn ich vielleicht viele Schwierigkeiten mit deinen Verhaltensweisen habe.
Der dritte Reiter: Abwehr / Verteidigung
Dieser Reiter steht als Symbol für (Verteidigung mit) Rechtfertigung, Abwehr, defensive Kommunikation („Ja, aber du hast das und das damals….“) und Verleugnung der eigenen Anteile – Not-leidende Kommunikation (Opfer-Haltung) steht im Vordergrund. Diese Handlungen sind häufig Reaktion auf Angriffe wie Kritik / Vorwürfe und Abwertungen und erhalten Konflikte aufrecht.
Besser wäre es, die zugrunde liegenden Interessen, Bedürfnisse und Emotionen zu erforschen
und dazu passende win-win-Lösungen zu entwickeln.
Der vierte Reiter: Mauern
Dieser Reiter steht als Symbol für Rückzug / Mauern, Flucht, Schotten dicht machen, die Kommunikation ist tot. Man will sich nicht in den Konflikt einlassen und entzieht sich der Auseinandersetzung entweder äußerlich (den Raum verlassen) oder innerlich (Schweigen, Desinteresse, langes Beleidigt-Sein – als Strafe). In der Konflikt-Psychologie wird das meist als „Flucht-Verhalten“ bezeichnet. Durch dieses Verhalten wird ein Austausch und auch eine Lösung verhindert. Wenn also jemand in einer Diskussion still wird, sich verschließt, sich der Auseinandersetzung entzieht, weil er vielleicht keine Argumente mehr weiß oder emotional überflutet wird, so baut er symbolisch / metaphorisch eine Mauer zwischen sich und dem Anderen. Das wirkt negativ. Wenn dein Gegenüber sich in einer Auseinandersetzung desinteressiert zeigt, so tut, als wäre er/sie sehr beschäftigt oder als wärst du gar nicht da, dann kann leicht Ärger oder Frustration entstehen. Das schafft soziale Mauern.
Welches dieser Phänomene kennt ihr selbst? Welcher Reiter ist eher im Repertoire von Frauen, welcher eher bei Männern?
Die ersten drei Reiter können durch Begleitung, Unterstützung und klärende Gespräche in positive Zugänge umgewandelt werden. Wenn sich jedoch der vierte Reiter des Mauerns und Schweigens etabliert hat, wird es sehr schwierig, die Beziehung noch zu retten.
Nachdem ich vor allem Lösungen im Fokus habe, stelle ich auch Fragen wie diese: „Was müsste geschehen, damit das Schweigen ein Ende hat?“ „Was ist der Vorteil daran, dass deine Frau, dein Mann sich zurückzieht?“ „Was ist das Gute am Beleidigt sein?“ „Was hält euch davon ab, euch zu trennen?“ Ja, warum nicht auch diese Frage stellen? Wenn ich merke, dass Paare in krankmachenden Beziehungen feststecken – sich nicht mehr gegenseitig fördern und unterstützen, wie das in gesundheitsfördernden Ehen und Partnerschaften der Fall ist, dann ist es doch sinnvoller den „Schrecken“ zu beenden.
Natürlich ist es aus meiner Sicht klug, sich in einem solchen Prozess begleiten zu lassen, damit keine weiteren Kränkungen und unnötige Verletzungen in dieser Phase entstehen können. Damit das Ende gut geklärt und für beide Seiten erkenntnisreich sein kann. Jeder nimmt sich ja in diese nächste Beziehung mit und ähnliche Verhaltensweisen können dann wiederauftauchen. Damit dies nicht geschieht, braucht es Klarheit, Verständnis für die eigenen Anteile und die des anderen am Scheitern der Beziehung.
„Auch eine Ent-täuschung, wenn sie nur gründlich und endgültig ist, bedeutet einen Schritt vorwärts“
– dieser Spruch von Max Planck, deutscher Physiker, trifft es auf den Punkt. In jedem Konflikt, in jedem Scheitern stecken unglaubliche Chancen der Weiterentwicklung. Oft ist das Erkennen dieser das Schwierige.
Wenn du gerade in solchen oder ähnliche Situationen „festpickst, unterstütze ich dich gerne. Wir klären, wo es hängt, schauen, wo es wie hingehen kann.
Alles Liebe
Sophia
Beziehung, Paarberatung
Mediation oder Klärungshilfe – was ist besser?
Für Menschen sind Konflikte sehr belastend – vor allem wegen der Unklarheit, die mit ihnen oft verbunden ist: starke Emotionen, diverse Themen und komplett verschiedene Interessen sind miteinander verwoben. Da bietet es sich an, nach Konflikt-Unterstützung zu suchen, den Konflikt-Besitzern zu helfen, eine Brücke zwischen ihnen zu bauen – über die beide gehen können und sich auf Augenhöhe treffen können.
In unserem Nachbarland Deutschland wird sehr gerne der Begriff der Klärungshilfe verwendet, weniger Mediation. Doch gibt es tatsächlich auch Unterschiede dieser beiden gleichklingenden Richtungen in der Arbeit mit Menschen in Konflikten? Wie soll sich da ein Mensch, der auf der Suche nach Unterstützung ist, auskennen?
Das haben meine Recherchen ergeben:
Klärungshilfe
Klärungshilfe hat den Anspruch, die »Klarheit der Wahrheit« in den Konflikt zu bringen: Ihr Ziel ist die Klärung dessen, was in den Beteiligten gerade jetzt und grundsätzlich vorgeht, was zwischen ihnen an Kommunikation geschieht und wie sie zusammen ein System bilden.
Der/Die KlärungshelferIn unterstützt diesen Prozess, einschließlich seiner emotionalen Seiten, wenn etwa Wut, Verzweiflung, Rachegefühle oder schwere Vorwürfe in aller Deutlichkeit auf den Tisch kommen: »Wahrheit vor Schönheit« ist in der Klärungshilfe ein wichtiges Prinzip. Eingebettet ist diese Klärung in einen Sicherheit gebenden Rahmen unter der Leitung der Klärungshelferin/des Klärungshelfers.
Durch diese Klärung werden die Voraussetzungen geschaffen, um zum Ende hin in relativ kurzer Zeit zu Absprachen für die Zukunft zu kommen. Klärungshilfe spricht vom »Land der leichten Lösungen«, das nach Durchqueren der »Schlangengrube« erreicht werden kann.
Wieso das funktioniert, ist nicht abschließend wissenschaftlich geklärt. Offenbar ermöglicht die Klarheit im eigenen Empfinden und auf der Beziehungsebene eine sachlichere Atmosphäre, um konkrete Lösungen auf den Weg zu bringen.
Mediation
Mediation (lateinisch Vermittlung) ist ein strukturiertes, freiwilliges Verfahren zur konstruktiven Beilegung eines Konfliktes, bei dem unabhängige „allparteiliche“ Dritte die Konfliktparteien in ihrem Lösungsprozess begleiten. Die Konfliktparteien, auch Medianten oder Medianden genannt, versuchen dabei, zu einer gemeinsamen Vereinbarung zu gelangen, die ihren Bedürfnissen und Interessen entspricht. Der allparteiliche Dritte (ein Mediator oder ein Mediatoren-Team in Co-Mediation) trifft keine eigenen Entscheidungen bezüglich des Konflikts, sondern ist lediglich für das Verfahren verantwortlich.
Mediation – als Unterstützung im Konflikt – schließt Klärungshilfe mit ein. Auch viele Prinzipien der Mediation finden sich in der Klärungshilfe, wie etwa Allparteilichkeit, Neutralität, Professionalität, Verantwortung der/des Mediatorin/Mediators für den Prozess und Verantwortung der Klienten/innen für den Inhalt. Insofern kann Klärungshilfe als eine Form der Mediation gelten.
Es gibt aber ebenso verbreitete Mediationsprinzipien, die nicht zu Klärungshilfe passen: Win-Win als angestrebtes Ziel des Prozesses, Zukunfts- und Lösungsorientierung als Prinzipien des Vorgehens, Umformulierung von Vorwürfen in Wünsche als eine Standardmethode – all das ist in der Klärungshilfe nicht zentral, wird teilweise sogar abgelehnt.
Wohl wird ein/e KlärungshelferIn nichts dagegen haben, wenn am Ende des Klärungsprozesses Lösungen mit Vorteilen für alle Beteiligten stehen (Win-Win), aber im Zentrum steht die Klärung der gegenwärtigen Situation und ihrer Entstehung. Dazu kann auch gehören, dass kein Win-Win möglich ist – das aber ist dann wenigstens ganz klar, und mehr hat der/die KlärungshelferIn nicht versprochen.
Eine Umformulierung von bitteren Vorwürfen in Wünsche kann Klarheit sogar behindern. Weil Klärungshilfe die Beteiligten in einen Klarheits-fördernden Kontakt bringen möchte, lehnen ihre Verfechter Vor- und Einzelgespräche weitgehend ab: Emotionen sollen ungefiltert beim Empfänger ankommen, um dann damit arbeiten zu können.
Mein Konflikt-Lösungs-Potential–Konzept bedient sich vieler Methoden – handlungs-orientierter Aktivitäten in der Natur, systemisches Denken („wenn sich ein Teil des Systems verändert, muss sich auch das ganze System ändern“), psychologisches Wissen, mentales Training und natürlich auch gerne viele Elemente aus Mediation und Klärungshilfe.
Der Zugang der Klärungshilfe vor allem Klarheit zu schaffen, um dann besser über meine Beziehung Bescheid zu wissen, ist für mein Konzept essentiell. Denn manchmal kann auch die Lösung sein, sich friedvoll zu trennen. Mit der Betonung auf friedvoll, da ja auch meistens Kinder mit an Bord sind – die so gut wie immer die Leidtragenden sind, wenn die Eltern unfähig sind ihre Konflikte zu klären und gut zu bearbeiten.
Im Hauptfokus jedoch liegt immer, den Paaren soll es nach einem Workshop, einem Package wie z.B. dem Streithansel & Streitliesel Adventure besser gehen: Die Beziehung ist klarer, intensiver, „refreshed“ und lustvoller, lustiger. Das ist das Ziel, das ich stets im Auge habe – als unterstützende Brückenbauerin.
Quelle:
https://www.mediationaktuell.de/news/klaerungshilfe-und-mediation
https://de.wikipedia.org/wiki/Mediation
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