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Sophia Bolzano – Klar, geradlinig, verlässlich, für Sie da

Sind Angewohnheiten normal oder können sie auch unglaublich nerven?

von | Beziehung, Gefühle, Konflikte

Sommersonnenwende – jedes Jahr ein Tag großer Freude, aber auch ein kleiner Abschied, denn die Tage werden wieder kürzer. Trotzdem hat es etwas Verlässliches, dass unser Jahr mit Feiertagen, Highlights wie Weihnachten, Ostern und persönlichen Festtagen einen gewohnten Ablauf hat. Das gibt vielen von uns Sicherheit und Halt. 

Das hat mich an Angewohnheiten und Rituale erinnert. Warum? Weil wir uns selbst zusätzlich zum Jahresablauf auch gewohnte Abläufe schaffen, uns Vertrautes suchen, Hobbys nachgehen, die wir pflegen und uns gut tun. Manchmal hören wir dann auch wieder damit auf, weil wir das Interesse verlieren oder uns andere Strukturen in unser Leben holen. Ich habe tatsächlich einmal viel genäht, Hosen, Röcke, Polsterüberzüge, Tischtücher. Irgendwann habe ich damit aufgehört, ich frage mich gerade wieso. Wieso ist diese doch sehr nützliche Tätigkeit kaum mehr ein Teil meines Lebens?

Vielleicht gibt es Gewohnheiten, die zu verschiedenen Lebensphasen passen?

Als Kind wollte ich unbedingt Indianer sein, später dann Winnetous Frau werden. Mit Pfeil und Bogen die Welt erobern. Fußball spielen war das beste und ganz wichtig. 

Als Jugendliche liebte ich Pink, alles war rosa, und meine Vespa, die leider rot war. Pink mit rot war interessant. 

Als junge Erwachsene trug ich nur Jeans, die entweder am Hintern oder am Knie einen Riss hatten, wohlgemerkt selbst gemacht, nicht so gekauft. 

Als Sportlerin waren Rituale ganz wichtig, was ich wie vor einem Wettkampf gemacht habe, war durchgetaktet. Jeder Handgriff saß, jeder Ablauf wurde im Kopf und in echt durchlaufen. 

Als junge Mutter lernte ich, dass mein über alles geliebtes Kind sich extrem schwer mit Einschlafen tat. Was war der Clou? Sie wissen es schon: Rituale. Ich habe gefühlte 3000 Mal „La le lu, nur der Mann im Mond schaut zu, …“ gesungen. Was soll ich sagen: Das Kind hat’s super gefunden und schläft seitdem bombenfest durch (er ist übrigens inzwischen 21…).

Im Lauf der Zeit durchleben wir so viel Verschiedenes, dass der Fokus auch immer woanders ist. Was damals wichtig war, ist heute überflüssig, unnötig, nervig? Heute finde ich Fußball nur mehr mäßig interessant, Pink liebe ich immer noch, zerrissene Jeans würde ich mir nie kaufen – ich warte darauf, dass das selber machen wieder „in“ wird. Der viele Sport hat wohl auch dazu geführt, dass ich Joggen eher grässlich finde. Und die schlaflosen Nächte mit dem kleinen Schreiwurstel am Arm lassen mich bis heute meinen Schlaf zelebrieren. 

Mit welchen Angewohnheiten ich andere in den Wahnsinn treiben kann

Also, meine Familie findet mein Schlafverhalten bedenkenswert. Wahrscheinlich bin ich den meisten damit auch ziemlich auf die Nerven gegangen, wo ich doch genau beim Einschlafen absolute Stille brauche (trotz Ohrstöpsel). Inzwischen bin da schon viel entspannter, doch eine Zeit lang war das sicher für die anderen herausfordernd. 

Was habe ich noch zu bieten? Etwas „Monkisches“: Wenn ich in einem Zimmer bin, müssen alle Schranktüren geschlossen sein. Woher das kommt? Keine Ahnung. Doch damit nerve ich wohl kaum jemanden. 

Eins fällt mir noch dazu ein: Eine Bekannte hat eine Angewohnheit, die ich fast nicht aushalte. Wenn es „Hendl“ (Hühnchen) mit Knochen gibt, nagt und lutscht sie alles so lange ab, bis nichts mehr dran ist. Wenn ich das sehe, muss ich entweder gehen oder während des Essens wegsehen. Meistens serviere ich ihr kein Hendl mehr. Für sie ist es das größte, und sie kann überhaupt nicht verstehen, dass ich das gruselig finde. „Ist doch schade drum“, sagt sie. 

Wieso sind uns manche Angewohnheiten egal, manche so gar nicht?

Ich zähle mal ein paar nervige Sachen auf, die ich so beobachtet habe – schauen Sie mal, ob Sie die eine oder andere kennen: 

  • Zahnpastatube nicht zumachen
  • beim Essen schmatzen
  • sich kratzen (egal wo)
  • sofort alles wegräumen, wo doch noch so nett bei Tisch gesessen wird
  • ständiges Hüsteln
  • etwas Hängengebliebenes aus dem Gebiss bekommen
  • an sich herumzupfen
  • die schmutzige Wäsche neben den Wäschekorb legen
  • das Geschirr in die Spüle und nicht in den Geschirrspüler stellen und, und, und…

Was steckt dahinter?

Wenn uns diese Dinge besonders nerven, dass wir nur darauf warten, dass der oder die es WIEDER macht, dann steckt vielleicht etwas anderes dahinter. Verborgene Bedürfnisse, unausgesprochene Gefühle, geheime Wünsche, die wir uns nicht trauen zu äußern. Jedenfalls hat es mit uns selbst zu tun, wenn das Gegenüber besonders herausfordernd für uns ist. 

Das mag jetzt für die Zahnpastatube an sich nicht zutreffen. Doch vielleicht stehen diese Nervtöter für etwas ganz anderes. Vielleicht ärgert mich die Tube deshalb, weil ich es nicht schaffe, dem Betroffenen mein Bedürfnis dazu mitzuteilen. Vielleicht will ich einfach ernst genommen und gehört werden. Das Nichtverschließen bedeutet dann, ich werde ignoriert, meine Wünsche sind ihm oder ihr egal. 

Vielleicht steckt dieser Wunsch „ich will gehört, wahr- und ernstgenommen werden“ hinter vielen solcher Dinge, die uns das Leben schwer machen. Und so lande ich doch wieder dort, womit ich oft in meiner Arbeit konfrontiert bin. Dem klaren Wort! 

Was hindert Menschen, egal ob Mann oder Frau, daran, klar, direkt und trotzdem liebevoll zu äußern, worum es wirklich geht? Ich glaube zum einen, wissen einige gar nicht, was sie brauchen und wollen. Zum anderen trauen sich ein paar nicht, zu sagen, was sie sich wünschen – vom Gegenüber und von sich selbst. Und so vergehen oft Jahre. Entscheidungen können immer seltener getroffen werden, „man“ lebt so vor sich hin, nebeneinander, immer weniger miteinander. 

Ich wünsche mir lebendige, leichte Beziehungen!

Ich bin der festen Überzeugung, dass reden hilft, um den, die andere/n besser kennen zu lernen, zu verstehen und auch gut „mitschwingen“ zu können. Sich gegenseitig unterstützen, vieles zusammen unternehmen, sich und den/die Partner/in nicht ganz so ernst nehmen und lauthals lachen sind wichtige Eckpfeiler. Wenn wir das schaffen, dann sind die paar komischen Angewohnheiten völlig egal und eher eine liebenswerte Schrulligkeit. 

Vielleicht ist es auch Zeit gemeinsam solche „Spezialitäten“ zu entwickeln? „Die Mayers haben es aber heute wieder lustig! Jeden Mittwoch haben sie den „Wir sind unerzogen – Tag“. Essen mit den Händen, schmatzen und geben sich lautstark Phantasienamen. Und lachen tun sie auch noch.“ So viele Möglichkeiten, um sich das Leben lustiger zu machen, oder?!

Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen beim Entdecken von gemeinsamen Ritualen, die genau zu Ihrer Lebensphase passen und die Spaß in Ihren Alltag bringen – sei es im Privaten oder im Job.

Alles Liebe

Sophia Bolzano

PS: Ich glaube, ich suche mir eine pinkfarbene Jeans und mache einen Riss hinein. Zu verwegen? Naja, mal sehen…

PPS: Falls Sie Unterstützung brauchen, um eigene spannende, lustige Rituale für sich, in der Beziehung, in der Familie zu entwickeln – ich bin gerne an Ihrer Seite – natürlich auch zu allen anderen Themen rund um Kommunikation und Konflikte. Ich freue mich auf Sie!

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